Femtastics, eine Erfolgsgeschichte

Das Team von femtastics: Lisa van Houtem, Katharina Charpian und Anna Weilberg (rechts) © Linda David

Das Team von femtastics: Lisa van Houtem, Katharina Charpian und Anna Weilberg (rechts) © Linda David

Wie arbeitet ein modernes Online-Magazin und wie gründet man eins? Vor fünf Jahren starteten Anna Weilberg, Lisa van Houtem und Katharina Charpian femtastics – das Online-Magazin für Fempower. Ein junges, frisches und zeitgemäßes Frauenmedium – damals eine Nische, die das Trio mit Erfolg besetzte. femtastics bietet den unterschiedlichsten Frauen eine Plattform und stellt sie in aufwendig gestalteten Fotostories vor. 2018 folgte zudem das Männermagazin homtastics. Ein Gespräch mit Anna Weilberg über den Alltag der Gründerinnen. 

femtastics ist vor kurzem fünf Jahre alt geworden, das wolltet ihr feiern – und dann kam Corona. Wie geht es euch und inwieweit seid ihr davon betroffen? 

Anna: Wir haben den fünften Geburtstag von femtastics digital gefeiert, mit einem Geburtstagsvideo, an dem über 40 inspirierende Frauen mitgewirkt haben. Als Online-Medium konnten wir trotz der Einschränkungen arbeiten und Inhalte veröffentlichen. Aber wir merken, dass die Medienbranche im Hinblick auf Werbebudgets und natürlich auch Events betroffen ist.  

Wenn ihr an die Anfänge von femtastics denkt – hat sich das Ganze so entwickelt, wie ihr euch das zu Beginn vorgestellt habt?

Anna: Tatsächlich haben wir uns darüber gar nicht so viele Gedanken gemacht, sondern sind einfach ins kalte Wasser gesprungen. Klar haben wir uns gewünscht, dass sich unsere Medienmarke etabliert. 

Was auch geklappt hat. Ihr habt femtastics komplett eigenfinanziert – hat euch das viele schlaflose Nächte bereitet?

Anna: Eigentlich nicht. Wir haben uns als freie Journalistinnen zu einer GbR zusammengeschlossen und haben zu Beginn alle drei den Gründungszuschuss bekommen. Die Kosten für die Gründung eines Online-Magazins sind ja relativ überschaubar.

Vorher wart ihr alle festangestellt und auch nicht unglücklich mit euren Jobs. Was genau habt ihr gemacht?

Anna: Wir waren Redakteurinnen, Katha beim Couch-Magazin, Lisa und ich in der Online-Redaktion der Brigitte. Das hat uns auch Spaß gemacht, aber wir hatten Lust, etwas eigenes zu starten und es passte gerade von der Lebenssituation her.

Hinter dem Online-Magazin steht eure Agentur Tastics Media, die für Kunden arbeitet – war das von Anfang an Teil eures Plans?

Anna: Ja. Anfangs dachten wir, dass wir uns mehr auf solche Agenturleistungen wie Content-Produktion und Social Media konzentrieren würden, weil wir das alles gut können: Text, Social Media, Inhalte produzieren. Allerdings hat sich femtastics so gut entwickelt, dass unser Fokus schnell auf unserem eigenen Magazin lag.

Habt ihr einen bestimmten Erscheinungsrhythmus? 

Anna: Wir posten eine Homestory pro Woche – also ein großes Interview mit einer aufwendigen Fotostory, daneben gibt es kürzere Interviews, News, Reisestorys, Finanzkolumnen oder andere Lifestyle-Inhalte – insgesamt drei bis vier Beiträge pro Woche, bei dem Männermagazin ein bisschen weniger.

Wie sucht ihr aus, wen ihr vorstellt und wer nicht? Was sind es für Frauen? 

Anna: Uns ist es wichtig, möglichst vielfältige inspirierende Frauen vorzustellen. Wir möchten mit Gender- und Berufsklischees aufräumen, verschiedene Lebensentwürfe zeigen und unterschiedlichen weiblichen Role Models eine Plattform geben. Wir stellen auch viele Nebenbei-Gründerinnen vor, die mit ihren kleineren Projekten durch uns Aufmerksamkeit bekommen. Oft berichten andere Magazine über sie oder sie vernetzen sich untereinander und starten gemeinsame Projekte. Diese Vernetzung ist uns auch wichtig. 

Könnt ihr von femtastics alleine leben?

Anna: Ja. Sporadisch machen wir auch mal eigenständige Projekte als freie Journalistinnen, wenn sich etwas Spannendes bietet, aber unser Fokus liegt auf unseren eigenen Magazinen. 

Die Magazine finanzieren sich durch Werbung in Form von inhaltlichen Kooperationen. Könnt ihr euch die Kooperationspartner aussuchen?

Anna: Ja, mittlerweile kommen tatsächlich viele auf uns zu, auch wenn permanente Akquise Teil unserer Arbeit ist. 

Wer von euch muss das machen? 

Anna: Wir haben wechselnde Verantwortlichkeiten und teilen uns zum Beispiel die Social Media Arbeit auf, aber jede von uns macht alles, weil unsere Hintergründe ähnlich sind und wir auch an allen Arbeitsbereichen Spaß haben.  

Echt, auch an der Akquise? 

Anna: Total. 

Wie unerwartet. Genau darauf haben viele Journalistinnen meist gar keine Lust?  

Anna: (lacht) Ich glaube, das liegt daran, dass wir unsere eigenen Produkte verkaufen – und ich glaube, das können wir selbst auch am besten. Wir haben bisher nicht das Bedürfnis, diesen Teil an irgendeine Vermarktungsagentur abzugeben, weil wir denken, dass wir am besten erklären und präsentieren können, was wir genau machen. Und es macht auch Spaß, sich Konzepte und Möglichkeiten für Kooperationen zu überlegen. Dabei wählen wir immer bewusst Partner aus, die zu unseren Magazinen passen.

Okay, leuchtet mir ein. Wie sind denn eure Arbeitszeiten? 

Anna: Von Montag bis Donnerstag arbeiten wir gemeinsam in unserem Büro, freitags sind wir im Home Office. Natürlich ist es für uns kein Problem, ortsunabhängig zu arbeiten.

Aber ihr arbeitet nicht 60 Stunden die Woche?

Anna: Wir erfassen die Stunden nicht, deswegen kann ich dir das gar nicht so genau sagen. In den ersten drei Jahren kam das mit den 60 Stunden bestimmt hin, es war ja ein Herzensprojekt. Aber inzwischen achten wir darauf, dass es nicht überhand nimmt und wir alle unser Privatleben haben. 

Ist es denn mit der Zeit für euch finanziell schwieriger oder einfacher geworden?

Anna: Es hat sich sehr gut entwickelt. Wir wachsen organisch, ohne Investoren, und wir können uns drei plus Aushilfe, freie Fotografen und Autoren sowie ein inzwischen größeres Büro finanzieren. Und vor kurzem einen großen Relaunch. Natürlich wächst man schneller, wenn man das Budget hat, viel in Ads zu investieren. Aber unsere Unabhängigkeit ist uns wichtiger. 

Heutzutage spricht man ständig von Content Shock. Vor allem für neue Medien ist es mittlerweile deutlich schwieriger, die Leser bei der Stange zu halten, weil es so viel Überangebot gibt. Merkt ihr davon etwas? 

Anna: Bestimmt. Wir sehen beispielsweise, dass Medienangebote um das Thema Fempower stark zugenommen haben, manche haben sich da womöglich auch von uns inspirieren lassen (lacht). Die Angebotsvielfalt nimmt zu, aber letztlich sind es nicht so viele, die sich wirklich etablieren. 

Wie habt ihr das geschafft?

Anna: (überlegt) Wir waren eins der ersten Medien, die sich mit diesem damals neuen Thema beschäftigt haben. Dadurch haben wir treue Leserinnen und Leser, die wissen, dass wir das Thema nicht nur aufgreifen, weil es gerade Trend ist. Zugleich arbeiten wir daran, immer wieder etwas Neues zu bieten – wir alle wollen ja immer wieder überrascht werden. Unser Anspruch ist, möglichst diverse Geschichten von Frauen zu erzählen. Dadurch entsteht große Abwechslung. 

Euer schlimmster Fehler bei der Gründung?

Anna: Das Thema Markenrecht. Natürlich ist Namensfindung ein Riesenthema. Man hat tausend Ideen: Was bringt es auf den Punkt, was ist griffig, was sieht auf dem Logo gut aus, was funktioniert bei Google? Und eben auch: Welche anderen Marken gibt es schon? Das hatten wir natürlich recherchiert, aber irgendwann hat sich ein Unternehmen aus Schweden mit einem ähnlichen Namen gemeldet. Die sagten: Wir heißen so ähnlich, und ihr könnt den Namen nicht benutzen. Da hatten wir schon unser Logo, unsere Webseite, viel am Magazin gearbeitet. Wir waren erstmal in Schockstarre. Letztlich war rechtlich alles in Ordnung, wir konnten weitermachen. Aber so etwas kann natürlich mächtig schiefgehen, auch bei Logos – dann ist es schnell nicht mehr lustig. Es schadet also nicht, sich Rechtsberatung zu suchen. 

Würdet ihr jungen Menschen, die gerade in den Medien starten, raten, direkt zu gründen oder vielleicht doch lieber Großverlagserfahrung zu sammeln?

Anna: Bei uns hat es nicht geschadet und wir sind froh, Erfahrung, Wissen und Kontakte gesammelt zu haben. Natürlich kann man von Arbeitserfahrung oder einem etablierten Netzwerk profitieren. Andererseits finden wir die „Einfach machen“-Einstellung gut. Wenn sich gerade etwas total richtig anfühlt, man absolut Lust darauf hat und auch eine realistische Chance sieht – warum sollte man dann noch warten?

2018 habt ihr homtastics gegründet – warum ein Männermagazin? 

Anna: Genau, muss man noch mehr über Männer reden? Einerseits – nein (lacht). Andererseits schon: Weil Männermedien oft immer noch sehr stereotype Männerbilder verbreiten und auch in stereotypen Männerthemen denken. Dabei gibt es so viele coole feministische Männer, die wir zu Wort kommen lassen wollen. Wir wollten auch keine Gendertrennung betreiben – das wurde uns auch schon mal vorgeworfen – aber es wäre schade gewesen, femtastics und unsere Fempower-Community verwässern.

Wie sind eure Pläne für die Zukunft? 

Anna: Wir wollen noch mehr Menschen inspirieren, unterstützen, verbinden und unsere Communitys ausbauen. Neben Storys aus dem DACH-Raum werden wir auch immer mal wieder international unterwegs sein.

Finde Anna auf: Instagram
Siehe auch:
Das ABC des Magazinmachens von York Pijahn