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Wie arbeitet die Redaktion der Fit for Fun? Gunnar Ebmeyer erzählt

 

Sport war schon immer Gunnar Ebmeyers Leidenschaft: Früher lief, schwamm und spielte er Tennis, heute fährt er gerne Rennrad. Der stellvertretende Chefredakteur von Fit for Fun spricht über seinen Berufsalltag, die Zusammenarbeit mit freien Autoren und die Ansprüche an Journalisten von morgen.

 

Bevor du für Fit for Fun geschrieben hast, warst du Kurz- und Mittelstreckenläufer. 

Stimmt, in meiner Jugend. Als kleiner Steppke habe ich geturnt, dann habe ich Fußball ausprobiert, war kurz im Schwimmverein und länger im Tennis-Club. Ich besuchte ein Sport-Gymnasium und trainierte Leichtathletik. Die Schulmannschaft war ziemlich gut, qualifizierte sich regelmäßig für das Bundesfinale von „Jugend trainiert für Olympia“ in Berlin. Ich konnte anscheinend schnell rennen und rutschte so in die Mannschaft.

Also waren in deinem Leben zuerst der Sport und dann das Schreiben da?

Ja, ich bin tatsächlich über den Sport zum Schreiben gekommen. In den Sommerferien habe ich oft in Fabriken am Fließband gearbeitet, um mein Taschengeld aufzubessern.

Weckt bei mir böse Erinnerungen.

Fand ich irgendwann auch nicht mehr so sexy, die schönste Jahreszeit in dunklen Hallen zu verbringen. Also habe ich etwas gesucht, das ich jahresübergreifend machen konnte. Und das war das Schreiben (lächelt). Die Lokalpresse hat häufig über Leichtathletik berichtet, ich hatte dort also schon Kontakte und konnte auch ein wenig fotografieren. Ich habe dann bei der Lokalredaktion der Neuen Westfälischen angefragt, ob ich für sie an den Wochenenden als freier Journalist arbeiten kann. Das war noch zu meiner Schulzeit. Seitdem bekam ich regelmäßig Aufträge. Die Oberklassiker: Schützenfest, Rassegeflügelzuchtverein und solche Sachen (lacht). Aber auch viele Sportthemen. Ich habe festgestellt, dass mir das eine Menge Spaß macht, und es schön ist, die Geschichten der Leute kennenzulernen.

Wie ging dein Weg weiter?

Ich zog nach Hamburg und studierte Sportwissenschaften mit den Schwerpunkten Medien und Journalistik. Damals noch ein Diplom-Studiengang, den ich aber erfolgreich abgebrochen habe.

Oh, warum? 

Während des Studiums habe ich weiter Leichtathletik gemacht. Ich war Teil einer Gruppe, die Leute auf einen Zehnkampf vorbereitete, die noch nie Leichtathletik gemacht haben. In einer der Gruppen trainierte auch ein Journalist…

Wahrscheinlich für eine Geschichte?

genau. Der machte eine Geschichte für die Fit for Fun, blieb danach aber, weil ihm das Training viel Spaß machte. Irgendwann fragte ich ihn, ob ich nicht ein Praktikum bei der Fit For Fun machen könnte. Im Anschluss haben sie mir ein Volontariat angeboten. Das war 1996.

Nun bist du auch kein Volontär mehr, sondern stellvertretender Chefredakteur. Wie sieht dein Alltag aus?

Letztendlich hat sich der Alltag eines Journalisten extrem gewandelt. Als stellvertretender Chefredakteur leite ich das Ressort Sport und Reisen, kümmere mich um die Print- und Online-Artikel, die Sonderhefte und Extra-Publikationen. Ich entwickle mit meinen Kollegen Themenideen, redigiere Texte und beauftrage freie Autoren. Aber ich halte auch engen Kontakt zu unserer Vermarktung, treffe Anzeigenkunden und entwickle Ideen für redaktionelle Kooperationen mit Partnern. Das ist inzwischen ein wichtiges Standbein fast aller Magazine. Und wir können so Leser in die Geschichten einbinden.

Inwiefern?

In unserer aktuellen Ausgabe starten wir zum Beispiel mit dem Kooperations-Partner Bitburger 0,0% eine Aktion mit dem Namen „Fit für Triathlon“. Dafür können sich Leser bewerben, und die Gewinner bekommen Coaching inklusive Startplatz für einen Triathlon. Das sind Geschichten, die über monatelang im Heft begleitet werden und uns ausmachen: Leute fit machen, zum Sport motivieren und eventuell auch mal an ihre Grenzen zu führen.

Das hört sich so an, als beinhalte dein Job viele Marketing- und PR-Elemente. Sollte ein Journalist in beidem bewandert sein?

Es ist heute unerlässlich, sich auch in Marketing und PR auszukennen und mit den Kollegen eng zusammen zu arbeiten. Zumindest ein festangestellter Journalist sollte sich da gut auskennen, er muss ein Gefühl dafür haben, was sowohl bei den Lesern gefragt ist als auch bei der Industrie. Als Freier sieht es vielleicht anders aus.

Wie unterscheiden sich sonst die Aufgaben eines festangestellten Redakteurs und eines freien Autoren?

Gunnar Ebmeyer in den 80ern bei einem Lauf

(Überlegt) Der Markt für freie Journalisten ist extrem hart umkämpft und, krass formuliert, muss ein Freier heutzutage in erster Linie an sich selber denken. Ein Festangestellter denkt im besten Fall sowohl an das Unternehmen als auch an sich.

Also spalten sich die Arbeitsfelder auf? Die Freien schreiben Texte, die Festangestellten machen mehr Konzeption und Organisation?

Bei Reportagen und Reportermagazinen ist das oft so. Da sitzt zum Teil eine „Tischredaktion“, und der Begriff ist nicht abwertend gemeint, die Themen an Freie verteilt. Die Autoren geben den Text ab, der von den Redakteuren zuende produziert wird. Aber freie Autoren schweben auch nicht auf einer rosaroten Wolke und schreiben einfach schöne Texte. Die Selbstvermarktung und Akquise von neuen Aufträgen nehmen sehr viel Zeit in Anspruch – und kosten auch viele Nerven.

Ihr arbeitet also mit freien Autoren. Mit welchen Themen sind sie denn besonders willkommen?

Wir arbeiten vor allem im Gesundheits-Ressort mit Freien zusammen. Hin und wieder auch bei einer Sportgeschichte und in unserem Ressort „FIT FOR Love“ kommen auch häufig freie Autoren zum Einsatz.

Kam es schon einmal vor, dass ein Thema von einem freien Autor zum Titelthema wurde?

Puh, jetzt muss ich erst mal zwanzig Jahre zurückgehen (lacht). Eigentlich nicht, nein.

Könnte man das verändern? Wie könnte man die freien Autoren mehr in die Themenfindung einbinden?

Freie Autoren sind bei uns ziemlich gut eingebunden. Wir haben eine Themenidee und kontaktieren einen Autor, der aus unserer Sicht für das Thema passend sein könnte. Der hat dann in der Regel auch genügend Zeit, das Thema zu recherchieren. 

Das sind aber Autoren, die ihr schon im Pool habt. Was ist mit dem Nachwuchs oder bei einer Kaltakquise?

Kaltakquise mit Themenvorschlägen klappt bei uns eher selten. Aber Anfang des Jahres haben wir zwei, drei neue Autoren in unseren Pool aufgenommen. Eine Kollegin davon ist gerade frisch aus ihrem Volontariat raus. Wir haben also nicht nur alteingesessene Autoren auf unserer Liste.

Wenn ein Journalist gerade sein Studium beendet hat oder neu in der Stadt ist und als freier Autor arbeiten möchte, wie stellt er das am besten an?

Das ist schwer in dieser Branche und vielen bleibt nichts anderes übrig als Klinken zu putzen – so hart es klingt. Was hilft, ist, sich vorab über Regelmäßigkeiten der Titel zu informieren. Die gibt es bei fast jedem Magazin: Es gibt Zeiten im Jahr, in denen bestimmte Themen auf dem Titel landen werden. Bei uns sind das zum Beispiel Laufen im Frühjahr, das Thema Strandfigur im Sommer und im Herbst ist Outdoor-Saison. Bei der Fit For Fun bekommen wir häufig Bewerbungen für eine Stelle als freier oder fester Redakteur, auch wenn gar keine Ausschreibung läuft. Da müssen wir leider häufig absagen.

Das wird vielleicht einige unserer Leserinnen und Leser traurig machen…

Ja, aber wir archivieren die Bewerbungen und wenn wir neue Autoren suchen, versuchen wir die Bewerber persönlich zu treffen, um sie kennenzulernen. Kann ja auch sein, dass der Autor sagt, er möchte nicht mit uns arbeiten. Wenn es zu keinem Treffen kommen kann, skypen wir mit den Bewerbern.

Du hast dein Studium abgebrochen, hast aber durch ein Volontariat in der Branche Fuß fassen können. Sollten Absolventen von Medienstudiengängen ein Volontariat anhängen oder sich gleich auf Redaktionsstellen bewerben, da sie schon ausgebildet sind?

(Überlegt) Ein Volontariat, wie wir es zum Beispiel an der Burda Journalistenschule anbieten, ist eine hervorragende Ausbildung, die vor allem auch multimediale Inhalte vermittelt. Ein Volontariat in großen Verlagshäusern hat durch die Schulblöcke und das Arbeiten in verschiedenen Redaktionen einen weiteren großen Vorteil: Die Volontäre können sich wunderbar vernetzen, den Verlag kennenlernen und die Chancen vergrößern, übernommen zu werden oder in den Redaktionen zum Einsatz zu kommen. Es ist ja auch nicht in unserem Interesse, dem Nachwuchs erst eine gute Ausbildung zukommen zu lassen und ihn dann nicht weiter zu beschäftigen oder sogar an die Konkurrenz weiterzugeben. In fast allen Fällen übernehmen wir unsere Volontäre, sie bekommen zumindest einen Jahresvertrag angeboten.

Also müssen die Redakteure bei Fit For Fun keine Profisportler sein?

Nein, wir haben hier alles. (lacht) Bei vielen Themen kommen Experten und Profis zu Wort, aber in der Redaktion sitzen aktuell keine Profisportler. Wir haben im Magazin ja auch andere Ressorts wie Ernährung oder Style. Jeder Kollege ist in seinem Fachbereich ein Experte, eine Kollegin ist Diplomsportwissenschaftlerin. Diese Expertise ist für ein Magazin wie Fit For Fun extrem wichtig.

Wie wichtig ist euch als Printmagazin euer Online-Auftritt?

Sehr wichtig. Wir sind eine integrierte Redaktion, das heißt, es gibt natürlich einen Online-Auftritt, aber keine Online-Redaktion. Bei uns ist jeder Redakteur gleichzeitig jeweils zur Hälfte für Print und Online zuständig.

Die Printausgabe hat eine Reichweite von mehr als einer Million Leser und verkauft im Schnitt mehr als 14.000 Exemplare. Läuft gut bei euch. Wie schafft ihr das in Zeiten von Fitnessprogrammen wie „Mach dich krass“ und Co., YouTube-Tutorials und dem schwindenden Printmarkt?

Wir sind seit 1994 das erste Magazin in dieser Form und haben uns unsere Kompetenz, unsere Glaubwürdigkeit und das Vertrauen unserer Leserinnen und Leser mehr als zwei Jahrzehnte lang erarbeitet. Mit Influencerinnen und Influencern, die über ein großes Fachwissen verfügen, arbeiten wir als Unisex-Magazin ebenfalls regelmäßig zusammen.

Mir erscheint Fit For Fun doch sehr weiblich.

Das liegt heute wohl in der Natur der Sache, da Frauen generell häufiger Zeitschriften kaufen als Männer. Die Leserschaft ist aber dennoch sowohl weiblich als auch männlich. Viele Frauen kaufen das Magazin, legen es ihrem Freund hin und sagen: „Würde dir auch mal ganz gut tun!“

Hey, das kenne ich!

Ja (lacht) und den Männern würde es gut tun, nicht nur über Sport zu lesen, sondern auch was zu tun!

Hast du noch Tipps für junge Journalisten?

Ein Journalist von morgen muss sehr breit aufgestellt sein, sowohl thematisch, als auch was die verschiedenen Medienkanäle betrifft. Den reinen Print- oder Online-Journalisten wird es in den nächsten Jahren kaum noch geben. Gefragt ist eher: Kann ich Videos schneiden und vertonen? Wichtig wird auch ein Basiswissen im Programmieren sein. Das gehört zukünftig auch zum Berufsbild.

Wieso ausgerechnet Programmieren?

Von Journalisten wird erwartet, dass sie zum Beispiel interaktive Elemente in ihre Online-Artikel einbauen. Oder unter bestimmten Themen gleich eine App zum Artikel mitentwickeln. Ob das alles immer über vorgefertigte Softwarelösungen machbar sein wird, ist fraglich.

Thematisch sollen sich die Journalisten aber auch breit aufstellen? Die meisten sagen, es ist wichtig, sich eine Nische zu suchen.

Ich denke nicht, dass man an einem Tag eine Analyse des Geschäftsberichtes eines großen DAX-Konzerns für ein Wirtschaftsmagazin schreiben kann und am nächsten einen Marathonplan für die Fit For Fun…. Da ist die Arbeit für die Fit For Fun natürlich viel aufwendiger. (lacht) Aber zum Beispiel: Bei uns im Heft waren Fitness und Ernährung ganz lange zwei voneinander unabhängige Ressorts. Früher haben die Leute entweder Sport gemacht oder sich gesund ernährt. Inzwischen gehört für unsere Zielgruppe zu einem fitten Lebensstil eine gesunde Ernährung automatisch dazu. Wenn wir also ein Stück übers Laufen schreiben, liefern wir heute auch die Rezepttipps für Läufer dazu. Habe ich als Journalist nur Fachwissen im Bereich Laufen und Sport, kann ich diesen Bereich nicht abdecken.

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